Storytelling einfach lernen und umsetzen

Lange Jahre betreute ich einen Kunden, der Inhaber eines kleinen Technologieunternehmens war. Ein gestandener Unternehmer Mitte 50 der schon auf jedem Kontinent gearbeitet hatte. Alle zwei bis drei Monate haben wir uns zum Mittag verabredet. Ziel dieser Treffen war eigentlich, dass ich ihm neue Dienstleistungen und Produkte der Bank schmackhaft machen sollte.

Stattdessen erzählte er mir spannende Geschichten aus seinen Anfangszeiten, wie er sein Unternehmen gründete, mit was für Menschen er schon alles zusammengearbeitet hatte und welche Länder er schon bereiste. Das alles war keineswegs langweilig, nein, ganz im Gegenteil. Ich hörte ihm gespannt zu und die Zeit verging wie im Fluge. Über Bankthemen haben wir bei fast keinem unserer Mittagessen gesprochen.

Langweiliges Thema, spannend erzählt

Vor Jahren organisiert mein damaliger Arbeitgeber eine große Kundenveranstaltung. Als Redner hatte man einen hohen Polizeifunktionär mit dem Thema «Sicherheitspolitik des Freistaats Bayern» eingeladen. Alle waren skeptisch, ob das was werden würde, aber der Auftritt war sensationell gut; witzig, spannend und wirklich kurzweilig.
Ein halbes Jahr später wurde die gleiche Veranstaltung nochmals durchführen. Leider war der Referent an diesem Tag verhindert und schickte stattdessen seine Vertretung. Gleicher Ort, gleiches Thema, anderer Referent. Es war schrecklich, langweilig, trocken und langatmig.

Aber wie kann das sein? Es war inhaltlich der fast exakt gleiche Vortrag
Der Unterschied lag einzig und allein darin, dass beim ersten Mal eine Geschichte erzählt und beim zweiten Mal Fakten und Zahlen vorgetragen wurden.

Stell Dir vor, Du triffst nach langer Zeit ehemalige Arbeitskollegen wieder. Über was unterhaltet Ihr Euch? Genau, Ihr erzähl Euch Geschichten von damals, was an der letzten Weihnachtsfeier alles vorgefallen ist, wie witzig es im Büro immer zuging und wie chaotisch manche Projekte abliefen.
Gute Geschichten berühren uns, bleiben im Gedächtnis und erzeugen Aufmerksamkeit. Zahlen und Fakten tun das in der Regel nicht. Also egal ob Du verkaufst, einen Vortrag hältst oder Dich für eine neue Stelle bewirbst, die Fähigkeit gute Geschichten zu erzählen ist essenziell für Deinen Erfolg, denn gute Geschichten schaffen Authentizität und Nähe.

Storytelling lernen anhand einer Struktur

Sicher kennst auch Du Leute in Deiner Umgebung, bei deren Erzählungen Du gebannt zuhörst und jene bei denen Du fast einschläfst. Ist «Geschichten erzählen» also ein Talent, das uns in die Wiege gelegt wurde oder kann man das tatsächlich lernen?

Ja, man kann es lernen und es ist eigentlich ganz einfach, wenn man sich an ein paar einfache Regeln hält. Für eine gute Geschichte gibt es nämlich so etwas wie einen «Bauanleitung».

Diese Anleitung nennt sich «Heldenreise» und wurde vom Mythenforscher Joseph Campbell entwickelt. Auf Basis hunderter Geschichten, Mythen und Erzählungen aus der ganzen Welt hat er eine allgemein gültige Struktur abgeleitet und diese dann Heldenreise genannt.

Vereinfacht gesagt besteht diese aus 10 bis 16 Elementen, unterteilt in drei Akte. Diese 3-Akt-Struktur kommt bei so gut wie allen Erzählungen zum Tragen, egal ob es sich dabei um einen Film, ein Theaterstück, ein Märchen oder ein Witz handelt. Hier möchte ich Dir zeigen, wie Du diese Struktur für Dich nutzen und konkret anwenden kannst:

Die Einführung

Im ersten Akt geht es zuerst darum den «Ist Zustand» zu beschreiben. Dieser Zustand wird von einem Ereignis unterbrochen, welches Dich auf Deine Reise gehen lässt. Zuerst bist Du noch skeptisch und zögerst, aber schlussendlich entscheidest Du Dich doch dafür diese anzutreten. Klassischerweise bildet dieser Entschluss das Ende des ersten Aktes. Solche Ereignisse, die in die Geschichte eingreifen und ihr eine neue Wendung geben nennt man «Plot Points».

Die Konfrontation

Die Basis des zweiten Aktes bildet die Konfrontation. Alles beginnt mit Deinen ersten Schritten im neuen Leben und den damit verbundenen Hindernissen, Bewährungsproben und Konfrontationen. Auch am Ende des zweiten Aktes gibt es wieder einen «Plot Point» der zum dritten Akt überleitet. Hier ist es klassischerweise der Kampf gegen Deinen «Erzfeind». Damit können Deine Ängste oder auch große Herausforderungen gemeint sein, denen Du Dich jetzt stellen musst.

Die Auflösung

Im dritten und letzten Akt feierst Du schließlich Deinen Triumph und kehrst nach Hause zurück. Hiermit kommen wir zum Ende Deiner Geschichte. Du hast die Herausforderungen gemeistert und den Job bekommen oder das Projekt erfolgreich abgeschlossen. Ein starker Abschluss löst eine Geschichte auf und macht sie dadurch vollständig und rund.

Du wirst es schon bemerkt haben, die Heldengeschichte besteht aus Metaphern. Mit Reise ist zum Beispiel eine neue Aufgabe oder Herausforderung gemeint und mit Erzfeind Deine Angst zu scheitern oder aus Deiner Komfortzone herauszutreten. Wichtig ist die Dramaturgie und die Struktur, die Du jeweils mit Deiner «Erzählung» befüllen kannst.
Schau Dir als Beispiel meine Geschichte an. Diese ist, wie oben beschrieben, in drei Akte, inklusive der erwähnten «Plot Points» unterteilt.
Wichtig ist außerdem das Du ein realistisches Bild Deiner Person zeichnest. Wie Du das genau machst, beschreibe ich Dir in meinem Blogbeitrag «Mit dieser einfachen Methode positionierst Du Dich als Experte».

Gutes Storytelling kann jeder lernen

Storytelling ist also extrem wichtig im Umgang mit Menschen, völlig egal, ob Du verkaufen willst (was Du ja sowieso immer tun solltest), ein Vorstellungsgespräch hast (erzählen sie uns was über sich) oder einen Vortrag hältst. Die 3-Akt-Struktur ist dabei universell einsetzbar, von einer 2 minütigen Vorstellung bis zu einem 2-stündigen Vortrag. Mit gut erzählten Geschichten erreichst Du die Menschen auf der emotionalen Ebene, schaffst Nähe und bekommst die Aufmerksamkeit, die Du brauchst, um erfolgreich zu sein.

Dein

Christian Unterschrift

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